Juni/Juli/August 2025
Auf ein Wort, liebe Gemeinde!
Von klugen Frauen und närrischen Männern
Liebe Gemeinde,
vor einigen Wochen wurde ich von einem Gemeindeglied gefragt: Wer ist Abigajil? Wüssten Sie es? In der Tat musste auch ich erst einmal überlegen, denn Abigajil gehört nicht gerade zu den zentralen Gestalten der Heiligen Schrift, und doch ist es eine spannende Geschichte, die von ihr im 1. Buch Samuel im 25. Kapitel erzählt wird.
Abigajil wird in der Bibel äußerst positiv beurteilt. Von ihr heißt es: Und sie war eine Frau von Verstand und schön von Angesicht.
Abigajil ist mit einem superreichen Mann verheiratet Namens Nabal. Ihn beurteilt die Bibel weniger freundlich. Der Mann aber war hart und boshaft in seinem Tun. Unter diesen Umständen kann einem die Frau erst einmal nur leidtun, denn sicher war es keine Liebesheirat gewesen. Vermutlich war Abigajil an den Mann von ihrem Vater „verkauft“ worden.
Eines Tages nun begibt es sich, dass der spätere König David mit den Hirten Nabals zusammentrifft. Man arrangiert sich. David und seine Männer beschützen die Herden Nabals und seine Leute vor äußeren Bedrohungen. So bewahren und mehren sie Nabals Reichtum. Doch als sie Nabal später um ihren Lohn bitten, verweigert er ihnen den. David, der Anführer der Truppe, ist außer sich vor Zorn und plant einen Rachefeldzug gegen Nabal und sein Haus.
Als Abigajil davon erfährt, packt sie ein, was Küche und Keller hergeben, lädt es auf einen Esel und jagt, um das Schlimmste zu verhindern, David und seinen Mannen entgegen. Als sie schließlich auf David und seine Truppe trifft, unterwirft sie sich ihm, hält eine lange und geschliffene Rede und bittet David schließlich, sie und ihre Familie vor Gewalt zu verschonen.
Am besten gefällt mir aus Abigajils langer Ansprache an David folgender Satz, in dem sie ihren Mann Nabal so treffend charakterisiert: Mein Herr achte nicht auf diesen heillosen Mann, diesen Nabal, denn er ist, wie er heißt. Er heißt „Narr“, und Narrheit ist bei ihm. Das klingt absolut emanzipiert und macht deutlich, was sie von ihrem törichten Mann hält. Abigajil hat in dieser bedrohlichen Situation die Initiative übernommen und bewahrt so ihre Familie vor der Katastrophe.
David ist beeindruckt von Abigajils Schönheit, ihrer Redegewandtheit, vor allem aber von ihrer Klugheit und lässt ab von seinem Zorn. So verspeisen er und seine Männer alles, was Abigajil ihnen gebracht hat und ziehen von dannen.
Als Abigajil am Abend dieses Tages nach Hause kommt, ist ihr Mann sturzbesoffen. Deshalb erzählt sie ihm erst am Morgen, was tags zuvor geschehen ist. Da trifft ihn der Schlag und er verstirbt binnen zehn Tagen.
Als David zu Ohren kommt, dass Nabal gestorben und Abigajil somit verwitwet ist, preist er Gott, schickt seine Boten zu Abigajil und bittet sie, seine Frau zu werden. Abigajil willigt ein, setzt sich auf ihren Esel und reitet los. Ein happy End!? Urteilen Sie selbst!
In der Bibel treffen wir beim Lesen immer wieder auf Frauen wie Abigajil, mutig, stark und klug. Frauen wie z. B. Esther, Deborah und Rut gelten als Heldinnen des Volkes Israel. Wie Abigajil lenken sie die Geschicke des Gottesvolkes und bewahren es immer wieder vor Verfolgung und Vernichtung. In der Regel werden diese Frauen in der Bibel auch wesentlich wohlwollender beurteilt, als die Mehrheit der männlichen „Staatslenker“ darin.
Im Neuen Testament tauchen diese Frauen erneut auf, z. B. im Stammbaum Jesu, gleich am Anfang des Matthäusevangeliums. Mit Frauen wie Maria, der Mutter Jesu, und Maria Magdalena, der treuesten Jüngerin Jesu, um nur einige wenige zu nennen, setzt sich die Reihe der unerschrockenen Frauen fort. Nicht die Jünger, sondern diese Frauen halten bis zum Schluss unter dem Kreuz aus und werden am Ostermorgen zu ersten Zeuginnen der Auferstehung.
Es lohnt, sich auf Spurensuche nach ihnen zu begeben. Sicher sind sie es auch wert, eine Predigtreihe zu ihnen anzugehen. Würde Ihnen das gefallen? Dann sprechen Sie mich darauf an. Ideen dazu hätte ich reichlich.
Pfarrer Armin Kopper